MoritzplatzDialog

 

Ein Audio-Rundgang zur Planungsgeschichte am Moritzplatz

Die besondere Erscheinung des Moritzplatzes ist auf eine Reihe historischer Stadtentwicklungskonzepte zurückzuführen – in der Verkettung der Utopien und Bebauungspläne lässt sich erkennen, welche Ideale der Stadtplanung sich am Moritzplatz versammeln. Während des Audio-Rundgangs um den Moritzplatz werden zwei dieser Planungsmodelle, deren Parallelen und Widersprüche vorgestellt. In einem fiktiven Dialog, der zu weiten Teilen aus Zitaten der jeweiligen Stadtentwicklungskonzepte besteht, stehen sich die Strategien und Methoden, vor allem aber die städtebaulichen Visionen gegenüber und werden mit der aktuellen Situation am Moritzplatz in Bezug gesetzt.

Ausschnitt Falk-Plan Berlin, Ausgabe 1977

Ausschnitt Falk-Plan Berlin, Ausgabe 1977

Als eine Position des Dialogs wird die Publikation „Umsetzung von Gewerbebetrieben im Sanierungsgebiet Kreuzberg von Berlin – Eine wirtschaftliche und soziologische Untersuchung“ von Werner March und Ilse Balg aus dem Jahr 1967 vorgestellt. Werner March und Ilse Balg entwerfen hier eine Umgestaltung des Moritzplatzes zu einem Industriezentrum. In ihrer Argumentationsstrategie führen sie die zahlreichen weiterverarbeitenden kleinen Gewerbetriebe um den Moritzplatz auf, für deren Zulieferung sie den Bau einer Autobahn über den Moritzplatz mit Autobahnkreuz am Oranienplatz vorschlagen. Hierfür ist ein Totalabriss der nach dem Zweiten Weltkrieg noch vorhandenen Altbauten vorgesehen. Diese Pläne wurden zwar nie realisiert, dennoch haben sie weitreichende Folgen. Gebäude am Moritzplatz wurden auch in den 1970er Jahren weder saniert, noch die städtebauliche Situation am Moritzplatz wesentlich weiterentwickelt. Mitte der 1980er Jahre schließlich erhält die S.T.E.R.N. GmbH unter der Leitung von Hardt-Waltherr Hämer den Auftrag für ein „Modellvorhaben behutsame Stadterneuerung am Moritzplatz unter ökologischer Zielsetzung“. Aus dem 1993 veröffentlichten Abschlussbericht sowie den vorhergegangenen Zwischen- und Workshopberichten bildet sich die zweite Figur des Dialogs, die Einblicke in die Pläne für umweltgerechtes Bauen am Moritzplatz eröffnet – hierzu gehören auch ein ökologisches Handelszentrum, Recycling-Höfe und Mietergärten.

In der direkten Gegenüberstellung beider Positionen in Dialogform werden nicht nur die Gegensätze und Gemeinsamkeiten beider Konzepte deutlich, vielmehr lässt sich vor Ort am Moritzplatz erahnen, welche alternativen Pläne es zur heutigen Gestaltung des Platzes gab und welche Auswirkungen diese bis heute haben.

Ulla Drenckhan studierte Europäische Ethnologie an der Humboldt-Universität zu Berlin sowie Theorie und Geschichte an der Hochschule für bildende Künste Hamburg. Ihr aktueller Forschungsschwerpunkt liegt bei Argumentationsstrategien und Handlungsspielräumen gescheiterter urbaner Nachhaltigkeitskonzepte.