Wiener Nachbarn

Soho Wien

Eingeladen von SOHO in Ottakring sind wir mit der Nachbarschaftsakademie / Prinzessinnengarten nach Wien gefahren. SOHO betreibt in den letzten Jahren mit Werkstattgesprächen, Filmabenden und gemeinsamen Essen eine nachbarschaftsorientierte Kulturarbeit in dem zwischen 1924 und 1928 gebauten Sandleitenhof, dem größten Wiener Gemeindebau.* Schwerpunkt des diesjährigen Programms ist das Thema Ernährung. Die „Wien wächst Show“, zu der wir eingeladen waren, hat das Künstlerinnen-Kollektiv „Kuserutzky Klan“ mit Liedern, einer Auto-Entwöhnungshypnose und einem Werkstattgespräch organisiert.

Zusammen mit dem Wiener Gartennetzwerkes „Gartenpolylog“, dem Green-Urban-Commons Forscher Andreas Exner, dem Verkehrsexperten Harald Frey und dem Publikum haben wir in der ehemaligen Milchtrinkhalle im Kongresspark darüber geredet, wie wir trotz der fortschreitender Versiegelung wertvoller Böden und dem immer noch vorherrschenden Wachstumsglauben dennoch Schritt für Schritt die „autogerechte“ in eine „gartengerechten Stadt“ verwandeln können.

Im Gespräch rechnete der Verkehrsexperte Harald Frey vor, wie unverhältnismäßig groß der derzeitige Flächenbedarf des fahrenden und parkenden Autos in der Stadt ist. Das Gemüsebeet im Park gilt als eine private Aneignung öffentlicher Räume. Umgekehrt seien wir aber in der Vergangenheit niemals gefragt worden, ob die gemeinschaftlichen Flächen vor unseren Haustüren dauerhaft zu privaten Abstellräumen für PKWs umfunktioniert werden sollten. Wir selbst haben die Geschichte von der ursprünglich am Moritzplatz geplanten Autobahn erzählt, die erst durch eine Allianz von NachbarInnen und behutsamen PlanerInnen verhindert werden konnte. Erst durch diesen engagierten Einsatz für ihre Nachbarschaft wurde der Boden bereitet, auf dem später der Prinzessinnengarten wachsen sollte.

Ein gutes Beispiel für die in vielen Gärten wichtige Bildungsarbeit waren die Mikroskope, mit denen die Kinder in der Milchtrinkhalle das vielfältige Leben in einer Probe aus einem Gartenkompost bewundert konnten.

Im Publikumsgespräch wurden wir unter anderem gefragt, wie denn die urbanen Gärten einer Vereinnahmung durch die Politik entgehen und nicht für die Verdrängungsprozesse der „neoliberalen Stadtentwicklung“ instrumentalisiert werden könnten. Wir haben auf das Urban Gardening Manifest verwiesen. Die Initiative für diesen gemeinschaftlichem Schreibprozess entstand auch aus der Erfahrung heraus, dass seit 2010 die Bilder von urbanen Gärten plötzlich überall zu zirkulieren anfingen, teils auch an Orten und in Zusammenhängen, wo sie den Motiven und Ideen vieler StadtgärtnerInnen eher entgegenstanden, etwa in der Werbung für Automobile, Smartphones, Sportschuhe, Flugreisen oder der Immobilienwirtschaft. Einige der GartenaktivistInnen haben sich daraufhin entschieden, in einem öffentlichen Dokument noch einmal die sozialen, ökologischen und politischen Ziele der urbanen Gartenbewegung hervorzuheben. Zu diesen zählen  die Solidarität mit kleinbäuerlichen Bewegungen weltweit genauso wie die Schaffung fußläufiger Naturerfahrungsräume in verdichteten Innenstädten. Inzwischen wurde dieses Manifest von mehr als 120 Initiativen in Deutschland  unterzeichnet.  Podiumsgast Andreas Exner, Teil der Forschungsgruppe Green Urban Commons hatte am selben Tag in einem Interview für den Standard auf die politische Mehrdeutigkeit des Phänomens Urban Gardening hingewiesen. Einerseits stecke im „Urban Gardening Kritik … am bestehenden Ernährungssystem, das von fossilen Ressourcen abhängt, oder an der autogerechten Stadt“.  Andererseits werde das „Gärtnern … politisch funktionalisiert, um sich im Städtewettbewerb zu behaupten; es schreibt sich in eine Ästhetisierung der Stadt ein, die man kritisch sehen kann, weil sie in Richtung Eventisierung und Kommerzialisierung geht.“

AAA_Wien

AAA im Rahmen des MoMa-Projekts „Uneven Growth“ auf der Wien Biennale

Bei einem Abstecher zur Wien Biennale, haben wir alte Bekannte getroffen. Letzte Woche noch haben Atelier d’architecture autogérée ihre Arbeit in der Nachbarschaftsakademie präsentiert. Jetzt war in Wien ein Beitrag von ihnen zu sehen, der im Rahmen des Moma-Projektes Uneven Growth entstanden war.

 

*In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts hatte die Stadt Wien mit Hilfe einer Wohnbausteuer ein beispielloses kommunales Wohnbauprogramm gestartet und bis 1934 in den sogenannten Gemeindebauten 65 000 Wohnungen für 220 000 BewohnerInnen geschaffen.

Wiener Nachbarn

Soho Wien

Eingeladen von SOHO in Ottakring sind wir mit der Nachbarschaftsakademie / Prinzessinnengarten nach Wien gefahren. SOHO betreibt in den letzten Jahren mit Werkstattgesprächen, Filmabenden und gemeinsamen Essen eine nachbarschaftsorientierte Kulturarbeit in dem zwischen 1924 und 1928 gebauten Sandleitenhof, dem größten Wiener Gemeindebau.* Schwerpunkt des diesjährigen Programms ist das Thema Ernährung. Die „Wien wächst Show“, zu der wir eingeladen waren, hat das Künstlerinnen-Kollektiv „Kuserutzky Klan“ mit Liedern, einer Auto-Entwöhnungshypnose und einem Werkstattgespräch organisiert.

Zusammen mit dem Wiener Gartennetzwerkes „Gartenpolylog“, dem Green-Urban-Commons Forscher Andreas Exner, dem Verkehrsexperten Harald Frey und dem Publikum haben wir in der ehemaligen Milchtrinkhalle im Kongresspark darüber geredet, wie wir trotz der fortschreitender Versiegelung wertvoller Böden und dem immer noch vorherrschenden Wachstumsglauben dennoch Schritt für Schritt die „autogerechte“ in eine „gartengerechten Stadt“ verwandeln können.

Im Gespräch rechnete der Verkehrsexperte Harald Frey vor, wie unverhältnismäßig groß der derzeitige Flächenbedarf des fahrenden und parkenden Autos in der Stadt ist. Das Gemüsebeet im Park gilt als eine private Aneignung öffentlicher Räume. Umgekehrt seien wir aber in der Vergangenheit niemals gefragt worden, ob die gemeinschaftlichen Flächen vor unseren Haustüren dauerhaft zu privaten Abstellräumen für PKWs umfunktioniert werden sollten. Wir selbst haben die Geschichte von der ursprünglich am Moritzplatz geplanten Autobahn erzählt, die erst durch eine Allianz von NachbarInnen und behutsamen PlanerInnen verhindert werden konnte. Erst durch diesen engagierten Einsatz für ihre Nachbarschaft wurde der Boden bereitet, auf dem später der Prinzessinnengarten wachsen sollte.

Ein gutes Beispiel für die in vielen Gärten wichtige Bildungsarbeit waren die Mikroskope, mit denen die Kinder in der Milchtrinkhalle das vielfältige Leben in einer Probe aus einem Gartenkompost bewundert konnten.

Im Publikumsgespräch wurden wir unter anderem gefragt, wie denn die urbanen Gärten einer Vereinnahmung durch die Politik entgehen und nicht für die Verdrängungsprozesse der „neoliberalen Stadtentwicklung“ instrumentalisiert werden könnten. Wir haben auf das Urban Gardening Manifest verwiesen. Die Initiative für diesen gemeinschaftlichem Schreibprozess entstand auch aus der Erfahrung heraus, dass seit 2010 die Bilder von urbanen Gärten plötzlich überall zu zirkulieren anfingen, teils auch an Orten und in Zusammenhängen, wo sie den Motiven und Ideen vieler StadtgärtnerInnen eher entgegenstanden, etwa in der Werbung für Automobile, Smartphones, Sportschuhe, Flugreisen oder der Immobilienwirtschaft. Einige der GartenaktivistInnen haben sich daraufhin entschieden, in einem öffentlichen Dokument noch einmal die sozialen, ökologischen und politischen Ziele der urbanen Gartenbewegung hervorzuheben. Zu diesen zählen  die Solidarität mit kleinbäuerlichen Bewegungen weltweit genauso wie die Schaffung fußläufiger Naturerfahrungsräume in verdichteten Innenstädten. Inzwischen wurde dieses Manifest von mehr als 120 Initiativen in Deutschland  unterzeichnet.  Podiumsgast Andreas Exner, Teil der Forschungsgruppe Green Urban Commons hatte am selben Tag in einem Interview für den Standard auf die politische Mehrdeutigkeit des Phänomens Urban Gardening hingewiesen. Einerseits stecke im „Urban Gardening Kritik … am bestehenden Ernährungssystem, das von fossilen Ressourcen abhängt, oder an der autogerechten Stadt“.  Andererseits werde das „Gärtnern … politisch funktionalisiert, um sich im Städtewettbewerb zu behaupten; es schreibt sich in eine Ästhetisierung der Stadt ein, die man kritisch sehen kann, weil sie in Richtung Eventisierung und Kommerzialisierung geht.“

AAA_Wien

AAA im Rahmen des MoMa-Projekts „Uneven Growth“ auf der Wien Biennale

Bei einem Abstecher zur Wien Biennale, haben wir alte Bekannte getroffen. Letzte Woche noch haben Atelier d’architecture autogérée ihre Arbeit in der Nachbarschaftsakademie präsentiert. Jetzt war in Wien ein Beitrag von ihnen zu sehen, der im Rahmen des Moma-Projektes Uneven Growth entstanden war.

 

*In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts hatte die Stadt Wien mit Hilfe einer Wohnbausteuer ein beispielloses kommunales Wohnbauprogramm gestartet und bis 1934 in den sogenannten Gemeindebauten 65 000 Wohnungen für 220 000 BewohnerInnen geschaffen.

Wiener Nachbarn

Soho Wien

Eingeladen von SOHO in Ottakring sind wir mit der Nachbarschaftsakademie / Prinzessinnengarten nach Wien gefahren. SOHO betreibt in den letzten Jahren mit Werkstattgesprächen, Filmabenden und gemeinsamen Essen eine nachbarschaftsorientierte Kulturarbeit in dem zwischen 1924 und 1928 gebauten Sandleitenhof, dem größten Wiener Gemeindebau.* Schwerpunkt des diesjährigen Programms ist das Thema Ernährung. Die „Wien wächst Show“, zu der wir eingeladen waren, hat das Künstlerinnen-Kollektiv „Kuserutzky Klan“ mit Liedern, einer Auto-Entwöhnungshypnose und einem Werkstattgespräch organisiert.

Zusammen mit dem Wiener Gartennetzwerkes „Gartenpolylog“, dem Green-Urban-Commons Forscher Andreas Exner, dem Verkehrsexperten Harald Frey und dem Publikum haben wir in der ehemaligen Milchtrinkhalle im Kongresspark darüber geredet, wie wir trotz der fortschreitender Versiegelung wertvoller Böden und dem immer noch vorherrschenden Wachstumsglauben dennoch Schritt für Schritt die „autogerechte“ in eine „gartengerechten Stadt“ verwandeln können.

Im Gespräch rechnete der Verkehrsexperte Harald Frey vor, wie unverhältnismäßig groß der derzeitige Flächenbedarf des fahrenden und parkenden Autos in der Stadt ist. Das Gemüsebeet im Park gilt als eine private Aneignung öffentlicher Räume. Umgekehrt seien wir aber in der Vergangenheit niemals gefragt worden, ob die gemeinschaftlichen Flächen vor unseren Haustüren dauerhaft zu privaten Abstellräumen für PKWs umfunktioniert werden sollten. Wir selbst haben die Geschichte von der ursprünglich am Moritzplatz geplanten Autobahn erzählt, die erst durch eine Allianz von NachbarInnen und behutsamen PlanerInnen verhindert werden konnte. Erst durch diesen engagierten Einsatz für ihre Nachbarschaft wurde der Boden bereitet, auf dem später der Prinzessinnengarten wachsen sollte.

Ein gutes Beispiel für die in vielen Gärten wichtige Bildungsarbeit waren die Mikroskope, mit denen die Kinder in der Milchtrinkhalle das vielfältige Leben in einer Probe aus einem Gartenkompost bewundert konnten.

Im Publikumsgespräch wurden wir unter anderem gefragt, wie denn die urbanen Gärten einer Vereinnahmung durch die Politik entgehen und nicht für die Verdrängungsprozesse der „neoliberalen Stadtentwicklung“ instrumentalisiert werden könnten. Wir haben auf das Urban Gardening Manifest verwiesen. Die Initiative für diesen gemeinschaftlichem Schreibprozess entstand auch aus der Erfahrung heraus, dass seit 2010 die Bilder von urbanen Gärten plötzlich überall zu zirkulieren anfingen, teils auch an Orten und in Zusammenhängen, wo sie den Motiven und Ideen vieler StadtgärtnerInnen eher entgegenstanden, etwa in der Werbung für Automobile, Smartphones, Sportschuhe, Flugreisen oder der Immobilienwirtschaft. Einige der GartenaktivistInnen haben sich daraufhin entschieden, in einem öffentlichen Dokument noch einmal die sozialen, ökologischen und politischen Ziele der urbanen Gartenbewegung hervorzuheben. Zu diesen zählen  die Solidarität mit kleinbäuerlichen Bewegungen weltweit genauso wie die Schaffung fußläufiger Naturerfahrungsräume in verdichteten Innenstädten. Inzwischen wurde dieses Manifest von mehr als 120 Initiativen in Deutschland  unterzeichnet.  Podiumsgast Andreas Exner, Teil der Forschungsgruppe Green Urban Commons hatte am selben Tag in einem Interview für den Standard auf die politische Mehrdeutigkeit des Phänomens Urban Gardening hingewiesen. Einerseits stecke im „Urban Gardening Kritik … am bestehenden Ernährungssystem, das von fossilen Ressourcen abhängt, oder an der autogerechten Stadt“.  Andererseits werde das „Gärtnern … politisch funktionalisiert, um sich im Städtewettbewerb zu behaupten; es schreibt sich in eine Ästhetisierung der Stadt ein, die man kritisch sehen kann, weil sie in Richtung Eventisierung und Kommerzialisierung geht.“

AAA_Wien

AAA im Rahmen des MoMa-Projekts „Uneven Growth“ auf der Wien Biennale

Bei einem Abstecher zur Wien Biennale, haben wir alte Bekannte getroffen. Letzte Woche noch haben Atelier d’architecture autogérée ihre Arbeit in der Nachbarschaftsakademie präsentiert. Jetzt war in Wien ein Beitrag von ihnen zu sehen, der im Rahmen des Moma-Projektes Uneven Growth entstanden war.

 

*In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts hatte die Stadt Wien mit Hilfe einer Wohnbausteuer ein beispielloses kommunales Wohnbauprogramm gestartet und bis 1934 in den sogenannten Gemeindebauten 65 000 Wohnungen für 220 000 BewohnerInnen geschaffen.